Schuldenberater bereiten sich auf die große Schuldenflut vor.
In Krisen ist eines sicher: Verbraucher bemerken Krisen immer in ihren Portemonnaies, was sich mit Verzögerungen auf die Schuldenberater durchschlägt. „Das war nach der Finanzkrise 2008 so, genauso wie nach den Hochwassern 2002 und 2013“, so der Geschäftsführer der Schuldnerberatung Niederösterreich, einer gemeinnützigen Beratung des Landes, Michael Lackenberger. „Bei Corona warten wir noch. Seit Pandemiebeginn 2020 wird vor steigenden Schulden von Privathaushalten gewarnt. Allerdings ist bis 2021 noch nichts geschehen.“
Dafür gebe es laut Lackenberger mehrere Gründe: „In einem Lockdown – und wir hatten ja einige – geben die Menschen generell weniger Geld aus, auch wegen der Reise-beschränkungen. Außerdem waren die Großgläubiger und Eintreiber sehr zurückhaltend. Sie verschieben das Eintreiben von Schulden auf später und reagieren in vielen Fällen mit Augenmaß.“ Aber das endet irgendwann.
Männer haben mehr Schulden und der Jugend geht es besser.
Auch wenn die Zahl der Überschuldeten zurückgegangen zu sein scheint, ist die Dunkelziffer eher gestiegen, so der Geschäftsführer der Schuldnerberatung Niederösterreich. Offiziell ist von 11.000 Personen auszugehen, die 2021 von der Schuldnerberatung betreut wurden. Diese waren im Schnitt mit 93.900 Euro verschuldet. Dabei fällt auf, dass Männer mit 140.100 Euro fast dreimal höher verschuldet waren, als Frauen mit 47.700 Euro.
Die 36 bis 50-jährigen stellten mit 40% der Betroffenen die größte Gruppe. Interessanterweise nahm bei den unter 25-jährigen die Verschuldung im Vergleich zum Jahr 2018 um satte 62% ab. So die Jugendlandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) bei der Präsentation der Jahresstatistik 2021. „Bei diese Altersgruppe sind wir auf dem richtigen Weg“. So betrug die Verschuldung dieser Gruppe im Vorjahr durchschnittlich 21.000 Euro. Dabei waren die häufigsten Schuldengründe Onlinekäufe und Telefonkosten.
Schulden gehen zunehmend an die Existenz.
Grundsätzlich geht es bei der Verschuldung zunehmend um grundlegende, existenzielle Kosten, darauf weist Geschäftsfürer Lackenberger hin: „Die Anfragen bezüglich Strom- und Heizkosten werden mehr. Wir sind hier in Kontakt mit den Energieanbietern und haben zum Beispiel mit der EVN einen Arbeitskreis, um günstige Ratenzahlungen zu vereinbaren. Einige melden sich auch, weil kleine Energieanbieter ihre günstigen Verträge gekündigt haben.“
Betroffene haben dann acht Wochen Zeit für die Suche nach einem einen neuen Strom- oder Gaslieferanten – zu derzeit sehr hohen Preisen. „Es gibt keine Schnäppchen mehr auf diesem Markt“, so Lackenberger, „das führt bei den Menschen zu noch mehr Geldproblemen.“
Es sieht so aus, dass die hohe Inflation und die steigenden Energiepreise die nächste, finanzielle Krise hervorrufen. Dazu kommen dann noch die die gestundeten Schulden aus Pandemiezeiten. Lackenberger erwartet 2022 wieder mehr Erstberatungen, womöglich auch wegen der Folgen durch die Pandemie. „Der Run kommt zeitlich verzögert, aber er kommt bestimmt.“